Aviatik beider Basel

Im Frühjahr 1919 bildet sich ein Initiativkomitee zur Förderung des Flugwesens in der Region Basel und zur Schaffung eines Basler Flugplatzes. Dem einige Woche später gegründeten «Verein Aviatik beider Basel» ist in erheblichem Masse die Entwicklung des Luftverkehrs in Basel und die Einbindung Basels in den europäischen Luftverkehr zu verdanken. 

Am 16. April 1924 wird der «Verein Aviatik beider Basel» in eine neue Flugplatzgenossenschaft umgewandelt, wobei sich der Stadtkanton mit 150'000 Franken beteiligt, während der Landkanton 25'000 Franken beisteuert. Weitere Gelder fliessen von privater Seite, so dass ein Genossenschaftskapital von 258'000 Franken ausgewiesen wird. Bereits am 28. Mai 1924 findet die konstituierende Generalversammlung statt, und bald danach kann der Ausbau auf dem Sternenfeld beginnen.

 
Gemäss den Statuten erfüllt die «Aviatik beider Basel» den gemeinnützigen Zweck, die Luftfahrt insbesondere in und um Basel zu fördern. Gestützt auf diese Bestimmungen ergeben sich die folgenden Tätigkeitsbereiche: 

  • Bau und Unterhalt der Pisten, der Verwaltungs- und Abfertigungsgebäude, der Hangars und Werkstätten, der Funk- und Wetter-Einrichtungen sowie der Nachtbeleuchtung und Signaleinrichtungen;
  • Führung des technischen Betriebes;
  • Aufsicht des gesamten Flugbetriebs auf und um den Flugplatz
  • Aufsicht über Funk- und Wetterdienste;
  • Flugpolizeiliche Kontrollen im Auftrag des Eidg. Luftamtes;
  • Führung eines lokalen Flugbetriebes mit Rund-, Alpen-, Foto-, Taxi-, Schul- und Reklameflügen;
  • Durchführung eines konzessionierten Automobil-Zubringerdienstes für Passagiere, Gepäck und Post zwischen dem Stadtterminal am Bahnhof Basel SBB und dem Flugplatz;
  • Führung einer Werkstätte für den Unterhalt eigener und fremder Flugzeuge und Motoren, Abgabe von Treibstoffen, Schmiermitteln, Ersatzteilen und Baustoffen;
  • Bereitstellung von Fluglehrern für die Ausbildung von Sportfliegern;

Der Genossenschaft wird auch die gesamte Verwaltung, die Beratung von Behörden in flugtechnischen Fragen, der Flugscheinverkauf, der Auskunftsdienst, die Werbung und die Führung von Statistiken übertragen

Vorerst werden ein 30 × 30 Meter grossen Hangar mit Werkstatt und Tanklager und ein hölzernes Verwaltungsgebäude mit Zolleinrichtungen erstellt. Im Winter 1924/25 folgen zwei Militärhangars, die in Dübendorf demontiert worden waren. Im Herbst 1924 wird eine Marconi-Radiostation mit Peilanlage bestellt, die im Frühjahr 1925 ihren Betrieb aufnehmen kann. Der Sender, der beim Zeughaus Basel aufgebaut wir, dient zudem auch «Radio Basel».

Für Vergnügungs- und Zubringerflüge nach Bern, welche auf Bestellung durchgeführt werden, wird Ende Juli 1924 eine dreiplätzige Caudron C.59 CH-125 erworben. Anfangs 1925 wird die «Aviatik beider Basel» auch Pächterin des Flugplatzareals.

Zum Jahresende 1925 wird wegen des herrschenden Platzmangels die Planung eines zweiten Grosshangars (der spätere «Lucky Strike-Hangar» am Flughafen Basel-Mulhouse), eines grosszügigen Stationsgebäudes mit Restaurant, einer Nachtlande-Beleuchtung (als erster Flugplatz der Schweiz), sowie von Garagen und einem Öldepot in Angriff genommen. Der Basler Architekt Richard Calini wird mit der Ausarbeitung des Projekts betraut. Bereits am 30. April und 8. Mai 1927 können die neuen Gebäude eingeweiht werden. Mit der Einrichtung einer ständigen Post- und Zollstelle verfügt Basel nun über einen «richtigen» Flugplatz!

Neu werden in der Sommersaison 1925 Zubringerflüge nach La Chaux-de-Fonds angeboten. Als zweites Flugzeug wird im Dezember 1925, nach einer Erhöhung des Genossenschaftskapitals, die zweiplätzige Caudron G.3 CH-146 für Foto- und Schulflüge erworben.

Um den zukünftigen Bedürfnissen gerecht zu werden, plant die «Aviatik beider Basel» den Kauf eines dritten Flugzeugs, welches eine sechsplätzige Kabine aufweisen soll. Dank den weiterhin zunehmenden fliegerischen Aktivitäten bewilligt der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt einen finanziellen Zuschuss für die Beschaffung dieses Flugzeugs. Der Auftrag für den Bau der Maschine geht an den Flugzeughersteller Alfred Compte in Zürich. Die Compte AC-8 CH-280 wird 1930 eingeflottet.
 

  
Nachdem der Linienflugverkehr bereits im Jahr 1946 nach Basel-Mulhouse gewechselt hat, betreibt die «Aviatik beider Basel» den Flughafen Sternenfeld noch bis zum 31. März 1947 zu touristischen Zwecken und disloziert danach ebenfalls auf den neuen Flughafen Basel-Mulhouse.

Am 1. Juli 1947 beschliesst der Kanton Basel-Landschaft, der «Aviatik beider Basel» einen Betrag von 20'000 Franken zur Finanzierung des Umzugs auf den neuen Flughafen zur Verfügung zu stellen. Zusammen mit den 100'000 Franken Subvention aus dem Stadtkanton soll damit die Jahresrechnung 1947 der Genossenschaft ausgeglichen werden. Die Anlagen in Birsfelden werden mietweise an den Aero-Club der Schweiz, Sektion Basel abgetreten. Bereits einen Monat später beschliesst diese, für die Unterbringung ihrer Flugzeuge einen eigenen Hangar auf dem Sternenfeld zu erstellen. 

Auf dem Flugplatz Basel-Mulhouse übernimmt die «Aviatik beider Basel» die Radiotelegrafie des Flugplatzdienstes, die Vermietung der Hangars, die Abfertigung von Flugzeugen und den Autobus-Zubringerdienst für alle Fluggesellschaften und Passagiere von und nach Basel-Mulhouse. Ausserdem werden wie bisher Taxi- und Rundflüge durchgeführt.

Am 27. Juli 1948 wird die neue Flugschule- und Flugplatz-Genossenschaft «Balair» gegründet, welche Ende Mai 1950 die sich in Liquidation befindliche Genossenschaft «Aviatik beider Basel» übernehmen wird. Die «Geburt» der neuen Genossenschaft wird am 17. Oktober 1948 mit einem weiteren Flugtag auf dem Sternenfeld gefeiert.

Im Januar 1953 wird die Flugschule- und Flugplatz-Genossenschaft «Balair» in die «Flugschule Balair AG» umgewandelt, nachdem das Stimmvolk des Kantons Basel-Stadt am 5. Oktober 1952 der Gründung einer Aktiengesellschaft  zugestimmt hat. Das Unternehmen konzentriert sich vorerst auf die Flugschulung, Rund- und Fotoflüge sowie auf den Unterhalt und die Abfertigung von Flugzeugen in Basel-Mulhouse. 1957 schliesslich wird der Einstieg ins Chartergeschäft mit zwei Vickers 610 Viking erfolgen.


Flotte

CH-125 Caudron C.59 1924 - 1934 Abbruch (HB-ABO ntu)
CH-146 Caudron G.3 1926 - 1935 an François Durafour als HB-OAT
CH-147 Hanriot HD-1 Juni 1929 für Basler Flugtage gemietet
CH-280 / HB-ABU Compte AC-8 1930 - 1948 * Absturz am 6. Mai 1956, Freiburg i.Br.
HB-ABA De Havilland 85 Leopard Moth 1935 - 1948 *  

* )  Diese Flugzeuge der «Aviatik beider Basel» und der Sektion Basel des AeCS Aero-Clubs der Schweiz wurden Ende 1948 in die Balair Flugplatzgenossenschaft und Fliegerschule des Aero-Club der Schweiz, Sektion Basel übernommen.

Werner Soltermann